Am 16.01.2023 veranstaltete die Gruppe „Herborn steht auf“ eine Demonstration unter dem Motto „Protestmarsch wegen Gewaltaufruf eines SPD Herborn Vorstand-Mitgliedes gegen friedvolle Bürger und Gastronomen!“ (sic) in Herborn.
Diese Demonstration bezog sich auf ein Video, welches ein Vorstandsmitglied der SPD Herborn auf seinem privaten, nicht öffentlichen Profil, auf Instagram gepostet hatte. Zudem wurde ein Tweet gepostet. Beide Posts erfolgten am 24.12. gegen 4 Uhr morgens. Das Instagram-Video wurde unaufgefordert am gleichen Tag gegen 9 Uhr morgens gelöscht, der Tweet ein paar Tage später.
Das Video zeigte einen Nebenraum des Lokals „Unikat“ in Herborn. Im Hintergrund lief ein Song der Band Kafvka, dazu war der automatisch generierte Songtext des Stücks zu sehen mit der Passage: „Immer noch besser, als sie marschieren zu lassen. Und mit Naziparolen ein’n auf Spaziergang zu machen. Querdenker klatschen, Querdenker klatschen“.
Der Tweet enthielt ein Bild der Lokalität, allerdings ohne den Text. Kommentiert war das Bild wie folgt: „Hab jetzt in der Querdenkerkneipe Querdenker klatschen von kavtka angemacht“ (sic).
Hierzu stellt die Herborner SPD fest:
Das Video war lediglich wenige Stunden in der Nacht nicht öffentlich, sondern nur von der beschränkten Anzahl der Instagram-Freunde unseres Vorstandsmitgliedes zu sehen. Öffentlich gemacht wurde es erst durch eine nicht autorisierte Handlung einer anderen Person. Im Aufruf von „Herborn steht auf“ sowie während der Demonstration wurde sowohl verschwiegen, dass das Video nur für sehr kurze Zeit und nur für einen kleinen, vertrauten Personenkreis verfügbar war. Zudem wurde verschwiegen, dass es sich um ein mit Musik unterlegtes Video handelte. Den Liedtext halten wir zwar für provozierend, aber klar von der Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt. Selbst der bayerische Staatsschutz konnte entsprechende Liedpassagen nicht als gewaltaufrufend indizieren. Auch die SPD Herborn sieht hier keinen Aufruf zur Gewalt. Das fragliche Musikstück ist legal, nicht verboten und nicht gewaltverherrlichend.
Das Zugänglichmachen des Videos war sicher gewagt, herausfordernd und leichtfertig. Es ist die politische Meinungsäußerung eines Parteimitgliedes gegenüber persönlichen Freunden. Das rechtfertigt nicht das Konstruieren und das Inszenieren eines angeblichen Gewaltaufrufes. Hier wird ganz gezielt Stimmung gegen eine friedliche, demokratische Partei gemacht. Und das von einer Person bzw. Gruppierung, die sich von offenen Aufrufen zu Gewalt im eigenen Telegram-Kanal wie „Ärmel hochkrempeln und Feuerzeug. Werde mal versuchen, was in dieser Art loszutreten.“ (sic) oder „Hör dir doch mal diese scheiß Kanacke an Kopf ab und verbrennen was anders kann man mit denen nicht machen“ (sic) erst nach öffentlichem Druck, wie zum Beispiel Berichten in der Presse, distanziert. Zudem wurde das Partei- und Vorstandsmitglied der SPD Herborn, unter Nennung des Namens, mehrfach öffentlich diffamiert. Auch eine Drohung im kleineren Kreis wurde gegen unser Vorstandsmitglied ausgesprochen.
Der Tweet bezeichnete das Lokal ‚Unikat‘ als „Querdenker-Kneipe“. Die Querdenker-Gruppe „Herborn steht auf“ hat bei mehreren Gelegenheiten selbst die Verbundenheit zur erwähnten Lokalität hergestellt. Nach der Demo am 16.01.2023 sind eine Anzahl Querdenker gerne dort eingekehrt, nachdem während dieser Demo die gegenseitige innige Vertrautheit zwischen Wirt und Querdenkern in Reden auch deutlich wurde. Es ist kein Geheimnis, dass dort auch regelmäßig Treffen von Querdenkenden stattfinden, welche öffentlich beworben werden. Während Kundgebungen wird oft verkündet, „sich danach auf ein Bier im Unikat“ zu treffen. Daher finden wir die Bezeichnung „Querdenker-Kneipe“ durchaus zutreffend! Wir wundern uns, dass die Herborner Querdenker-Gruppe den Begriff „Querdenker-Kneipe“ offenbar als geschäftsschädigend empfindet.
Auf der Kundgebung der Querdenker am 16.01.2023 wurde außerdem ein Zusammenhang zwischen der Arbeit der Justiz, der SPD Herborn und der Reichspogromnacht hergestellt. Es wurde unterstellt, Querdenker würden ähnlich verfolgt wie die jüdische Bevölkerung in den 1930er Jahren. Diese Darstellung ist unzutreffend, fern von jeglichen historischen Tatsachen und politischer Realitäten, unsäglich und mehr als geschmacklos. Wir werten dies als Leugnung des Holocausts. Die SPD war immer auch eine antifaschistische Partei, die unter Gewalt gelitten hat und verfolgt wurde. Gerade deshalb sind wir absolut der gewaltfreien, politischen Arbeit verpflichtet. Wir suchen die friedliche, aber entschiedene Auseinandersetzung gerade da, wo liberale, demokratische und sozialdemokratische Werte durch Wirrköpfe in Frage gestellt werden, deren wilde Schwurbeleien auch am guten Image unserer Stadt kratzen.
Die SPD Herborn verwahrt sich ganz entschieden gegen die oben genannte Darstellung!
Herr Espey („Herborn steht auf“) forderte eine öffentliche Distanzierung der SPD Herborn von unserem angegriffenen Vorstandsmitglied. Der Vorstand des Stadtverbandes sowie des Ortsvereins sehen für eine Distanzierung absolut keinen Grund.
Die fraglichen Posts stellen unserer Ansicht nach weder einen öffentlichen Gewaltaufruf, noch eine Diffamierung einer Lokalität dar. Gleichwohl möchten wir nochmals klar betonen, dass Gewalt oder Aufrufe zu Gewalt kein Mittel der politischen Arbeit der SPD sind und nie waren. Wir verbitten uns auch ausdrücklich, Belästigungen und Diffamierungen einzelner Parteimitglieder oder Vorstände der SPD Herborn oder des Stadtverbandes der SPD Herborn.
Herborn, 19.01.2023